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Interview mit Handball-Legende Manfred Hofmann

Seine sagenhafte Parade am 6. März 1976 ist noch allen Handball-Fans in Erinnerung. Es war die letzte Aktion im entscheidenden Spiel um die Olympia Qualifikation zwischen der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und der DDR im heutigen Chemnitz, das damals noch Karl- Marx-Stadt hieß. Das Hinspiel hatte die westdeutsche Handball-Nationalmannschaft mit 17:14 gewonnen. In der Nachspielzeit erhielt die DDR beim Stand von 11:8 für das ostdeutsche Team einen Siebenmeter. Würde DDR-Spieler Hans Engel, genannt „Eisenarm“ treffen, und davon gingen die meisten aus, würde die DDR zu Olympia nach Montreal fahren. Unerträgliche Spannung herrscht in der Halle und daheim vor dem Fernseher. Doch „Hobbes“ (der Spitzname von Manfred Hofmann) hält! Mit dem linken Knie wehrt der Nationaltorhüter aus Großwallstadt reflexartig den keineswegs schlecht geworfenen Siebenmeter des Eisenarms ab. Das Spiel ist aus und die BRD – und nicht die DDR – fährt nach Montreal zu den Olympischen Spielen. Was ging Manfred Hofmann bei diesem Siebenmeter durch den Kopf? „Gar nichts, da war ich voller Konzentration“, sagt Hofmann im Interview. „Die Fußballer würden sagen, ich war im Tunnel“. Nach dieser historischen Olympiaqualifikation begann unter Bundestrainer Vlado Stenzel eine Hochphase des deutschen Handballs, bei der Manfred Hofmann aus der 4000-Seelen-Gemeinde Großwallstadt als Torwart maßgeblich zum Erfolg beitrug. Bei den Olympischen Spielen in Montreal errang Deutschland den vierten Platz. Unvergessen ist die Weltmeisterschaft 1978 in Dänemark als die junge westdeutsche Mannschaft, die alle Amateure waren, die „Staats-Profis“ aus dem damaligen Ostblock „wegputzte“, und erstmals Weltmeister wurde. Im wahnsinnig spannenden Endspiel (wer es damals gesehen hat, weiß wie spannend und eng es war) besiegte die Bundesrepublik das favorisierte Kollektiv der UdSSR in Kopenhagen knapp mit 20:19. In diesem Spiel hielt „Hobbes“ drei Siebenmeter und sorgte durch seine erstklassige Leistung dafür, dass Deutschland Weltmeister wurde. Nur eines blieb dem 1,91 Meter großen Schnauzbarträger im Tor der Nationalmannschaft verwehrt: Der Olympiasieg. Grund war der politisch bedingte Boykott Westdeutschlands der Spiele in Moskau 1980. Dadurch gewann dann die DDR. „Das wäre unser Olympiasieg geworden“, ist sich Manfred Hofmann sicher. Schließlich waren er und die Nationalmannschaft 1980 in einer Top-Form.

Fünfmal Meister mit Großwallstadt

Große Erfolge feierte Manfred Hofmann vor allem mit seinem TV Großwallstadt für den er mehr als 1000 Spiele bestritt. 1973 wurde er mit dem TVG letzter Deutscher Meister im Feldhandball. Und dann 1978, 1979,1980 und 1981 Deutscher Meister mit dem TVG im Hallenhandball. Auch international war der TVG auf der Siegesspur: 1979 holten die Männer vom Bayerischen Untermain mit „Hobbes“ im Tor den Europapokal der Landesmeister. Im Jahr 1980 räumte der TVG dann mit vier Titeln alles ab: Deutscher Meister, Deutscher Pokalsieger, Gewinner des Europapokal für Landesmeister und Supercupgewinner. Manfred Hofmann und sein Team waren damals so erfolgreich, dass „Der Spiegel“ Großwallstadt in einem Artikel über Hallenhandball schon einmal als „Nabel der Welt“ bezeichnete. Doch wie war das damals alles und warum waren der TVG und Manfred Hofmann so erfolgreich? Dazu hat Stadt aktiv in Großwallstadt „Hobbes“, der in diesem Jahr im Januar seinen 65. Geburtstag feierte, gefragt. In der Halle, beim Training der Jugend versteht sich. Denn Manfred Hofmann engagiert sich seit mehreren Jahren als Vorstand der TVG Jugendakademie. Zum Handball kam Manfred Hofmann über den Sportverein. „Ich habe angefangen mit Leichtathletik und Turnen. Damals war es so, dass wer Leichtathletik gemacht hat, der musste auch Handball spielen“, erläutert der Großwallstädter. Im Tor landete er übrigens im Alter von acht oder neun Jahren durch einen Zufall. „Unser Torhüter hatte sich die Hand gebrochen und da wollte keiner ins Tor“, erzählt Hofmann. Dann ging er ins Tor. „Hobbes“ wörtlich: „Und dann haben sie mich nicht mehr heraus gelassen.“ Den Verein wechseln wollte Manfred Hofmann übrigens nie. „Warum sollte ich? Ich war ja bei einem Club, bei dem Du Titel gewinnst“, sagt er.

Von der Sparkasse ins Training

Doch der Erfolg des TVG Ende der 70 er / Anfang der 80er Jahre kam keineswegs von selbst. „Er war aufgrund harter Arbeit“, erläutert Manfred Hofmann. „Wir waren willensmäßig bereit, über harte Arbeit zum Erfolg zu kommen.“ Handballer, auch Nationalspieler, waren damals in Westdeutschland Amateure und voll berufstätig. So arbeitete Manfred Hofmann morgens ab acht Uhr bei der Sparkasse, um dann noch abends ab halb sechs in der Turnhalle in Elsenfeld zu trainieren. Der sympathische, auf dem Boden gebliebene Handballer gegenüber Stadt aktiv: „Meine Sporttasche habe ich immer im Auto gehabt.“ Maßgeblich für den damaligen Erfolg war auch Nationaltrainer Vlado Stenzel, der Lehrgänge von bis zu zwei Wochen mit Trainingseinheiten morgens und abends abhielt. „Vlado Stenzel war der beste Trainer, den ich je erlebt habe“, so Manfred Hofmann. „Er hat den Handball in Deutschland professionalisiert.“ Als Sportler hat Manfred Hofmann – bis auf den Olympiasieg – alles erreicht. Auf welchen Titel ist er besonders stolz? „Alle Titel waren etwas Besonderes. Jeder ist einzigartig und war mit Mühe und Anstrengungen verbunden“, erläutert „Hobbes“. Doch natürlich waren die Weltmeisterschaft 1978 sowie die vier Pokale im Jahr 1980 auch für ihn etwas Außergewöhnliches. Inzwischen ist Manfred Hofmann im Ruhestand und kümmert sich beim TVG um den Handball-Nachwuchs. „Die Arbeit mit den Jungs macht sehr spiel Spaß. Sie sind begeistert dabei“, sagt er. Und vielleicht sind unter den Nachwuchs-Spielern auch einige, die in seine Fußstapfen treten können und mit dem TVG große Erfolge feiern werden. (wrü) // Foto: wrü


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