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Special: 25 Jahre Wiedervereinigung - Die DDR roch leicht süßlich und moderig

Erinnerungen an den Mauerfall und 25 Jahre Wiedervereinigung - Das Bier schmeckte nicht

Da ließen sich die Einheimischen nicht lumpen. In einer Kneipe in Kalten-Nordheim in der Rhön bezahlten sie die Rechnung über etliche Schnäpse und Biere mit Ostmark. Wir schenkten Ihnen dafür eine Packung Mon Cherie und mehrere Kalender für 1990, alles was wir eben zufällig im Auto dabei hatten. Die feuchtfröhliche Feier kurz nach Weihnachten 1989, als die Westdeutschen erstmals in die DDR durften, bleibt ein einmaliges Erlebnis. Menschen aus West und Ost trafen sich in der Dorfkneipe, erzählten, feierten. Die Euphorie und die Begeisterung, dass das passiert ist und dass man das erleben durfte, waren nach dem Fall der Mauer grenzenlos. Und in allen Dörfern hingen an der Straße Schilder oder Betttücher mit Aufschriften wie „Wir begrüßen unsere Landsleute aus dem Westen“ oder „Deutschland einig Vaterland“. Nun ist die Wiedervereinigung, die offiziell am 3. Oktober 1990 besiegelt wurde, bereits 25 Jahre her. Das Meiste hat sich angeglichen und es ist eine junge Generation herangewachsen, welche den kalten Krieg, das geteilte Deutschland, die Mauer und die Grenzanlagen sowie die damals untergegangene DDR gar nicht mehr kennt. Für uns aus dem Westen war die DDR weit weg und als wir dann 1989 nach dem Mauerfall zum ersten Mal nach Thüringen fuhren, sagte jeder: „Das ist wie ein anderes Land“. Was als erstes direkt nach dem Grenzübergang (von denen es bis 1989 nur wenige gab) auffiel, war ein leicht süßlicher, moderiger Geruch nach Braunkohle, der sich wohl insbesondere zur kalten Jahreszeit über alles setzte, und den auch manch einer als „ekelig“ empfand. Die Straßen waren schmal und einfach, die Autobahnen holprig, die meisten fuhren eine Trabbi und die Städte waren nicht bunt wie im Westen, sondern eher grau.


Trabant heißt die ab 1958 in der DDR im VEB Automobilwerk Zwickau, später VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau, in Serie gebaute Pkw-Baureihe. Als zur Zeit seiner Einführung moderner Kleinwagen ermöglichte er die Massenmotorisierung in der DDR.

2015: Pudhys im Colos-Saal ausverkauft

Vor dem Mauerfall hatten wir uns im Westen kaum für die DDR interessiert. Reisen in den Süden oder in Städte wie London oder Paris, waren angesagt. Deutschland war geteilt und es schien so als würde das für immer, oder zumindest für die nächsten Jahrzehnte auch so bleiben. Gut, DDR-Rockgruppen wie die Pudhys (deren Konzert im Colos-Saal in diesem Jahr übrigens ausverkauft war, die Pudhys sind inzwischen Kult) oder Karat haben wir auch im Westen gehört. Und Bücher wie „Die neuen Leiden des jungen W.“ von Ulrich Plenzdorf in der Schule gelesen. Bei Olympiaden und Sportveranstaltungen siegten in vielen Wettbewerben die meist gedopten DDR-Sportler, die dann ihre blauen DDR-Trainingsanzug trugen, und es erklang die DDR-Hymne „Auferstanden aus Ruinen“. Diese hört sich übrigens, wie viele meinen, schöner an als die deutsche Nationalhymne „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Einfach einmal die DDR-Hymne auf Youtube hören, macht Spaß.

Hackbraten im Palast der Republik

In der Schule besichtigten wir den Grenzzaun der DDR zu Bayern (mit Selbstschussanlagen) und die Berliner Mauer. Bei der Klassenfahrt nach Berlin besuchten wir auch Ost-Berlin, wobei wir einige West-Mark im Verhältnis 1:1 zu Ost-Mark umtauschen mussten (Zwangsumtausch). Ost-Berlin war eher grau. Wir aßen im Palst der Republik zu Mittag, wir mussten warten, wurden platziert und es gab dann Hackbraten. Schließlich vertranken wir unsere restlichen Ost-Marks am Alexanderplatz, wobei das Bier eher dünn war und nicht schmeckte. Der Fall der Mauer am 9. November 1989 hat uns dann alle positiv überrascht, kaum jemand hatte – trotz Gorbatschow – damit gerechnet, dass die „Russen“ eine Öffnung der Grenze erlauben würden. Alles war wie in einem schönen Traum, Willy Brandt fand mit „Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“ gleich die passenden Worte zur Situation. In Unterfranken herrschte insbesondere in der Nähe der damaligen Zonengrenze Ausnahmezustand. Ganz Thüringen fuhr über die Grenze, schaute sich um und kaufte ein. Für Ostdeutsche gab es nämlich 100 D-Mark Begrüßungsgeld, so dass sie auch im Westen etwas kaufen konnten. Und natürlich machten die Geschäfte im Westen in diesen Tagen auch sonntags auf.

Keine Bananen mehr in Coburg

Unmittelbar nach dem Mauerfall, am Sonntag, den 12. November 1989, fuhren wir gleich nach Coburg, das direkt an der Grenze zu Thüringen liegt. Die Straßen waren voller Trabbis und ganz Coburg roch nach dampfenden Abgasen und Bratwurst. Überall wurde gefeiert und eingekauft. Da es in der DDR keine Bananen gab, waren diese natürlich sehr begehrt und bald waren die Bananen am Coburger Markplatz ausverkauft – obwohl die Händler für reichlich Ware gesorgt hatten. Knappheit an Waren war in der DDR üblich. Als wir nach dem Fall der Mauer in den Osten durften und an einer Dorfgaststätte anhielten, fragten wir nach der Karte. Darauf der Wirt: „Wollen Sie Schnitzel mit Klößen oder mit Kartoffelsalat.“ Mehr gab es nicht. Doch es hat dann trotzdem gut geschmeckt.

Heute sehr schöne Städte

Das alles ist jetzt mehr als 25 Jahre her. Die DDR gibt es nicht mehr. Inzwischen haben sich die Verhältnisse angeglichen, neue Autobahnen wurden gebaut, Westautos erworben und Städte und Gebäude grundlegend saniert und renoviert. Der Osten ist nicht mehr grau, sondern bunt. Viele Städte und Städtchen, wie zum Beispiel Meiningen, sind echte Schmuckstücke geworden und sind schöner als manche Stadt im Westen. Auch das Bier schmeckt und es gibt natürlich alles zu kaufen, auch Bananen. (wrü) // Foto: © Trabi Safari Berlin www.trabisafari.de


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