Special 1. Weltkrieg: Im 1. Krieg gab es nichts zu essen
Mehr als 700 Gefallene aus Aschaffenburg:
Jahrelang wurde in der Presse und auch in der deutschen Geschichtsschreibung vornehmlich über den 2. Weltkrieg berichtet und geforscht. Der 1. Weltkrieg fand hingegen kaum statt. Auch viele Quellen und Erinnerungen gingen mit der Zeit verloren. Jetzt endlich, da sich der 1. Weltkrieg zum hundertsten Mal jährt, rückt diese „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ in den Mittelpunkt des Interesses. Dies nicht zuletzt auch auf lokaler Ebene. Im Juni dieses Jahres wird auch eine rund 500 Seiten starke Dokumentation von Matthias Klotz mit dem Titel „Der Erste Weltkrieg in Aschaffenburg“ vorliegen. Und am Mittwoch, den 2. Juli 2014 referiert um 19:30 Uhr der aus Aschaffenburg stammende Guido Knopp im Stadttheater unter dem Titel „Der 1. Weltkrieg und seine Folgen.“ Doch wie war der 1. Weltkrieg in unserer Region? Was wissen wir noch über diese Zeit? Mein Opa und meine Oma, die damals Kinder waren und in Frammersbach lebten, sind sich sicher gewesen: „Der erste Krieg war noch viel schlimmer als der zweite.“ Dafür führten sie einen einfachen Grund an: „Weil es nicht zu essen gab.“ Und das auf dem Lande. Dies war auch in Aschaffenburg so. So berichtet die Stadt Aschaffenburg in der Pressemitteilung zur bald erscheinenden Dokumentation, dass auch in Aschaffenburg bereits nach einigen Monaten Krieg Nahrungsmittel knapp waren. Im März 1915 gab es erste Brotkarten. Und im gleichen Jahr wurden im November zwei fleischlose Tage eingeführt.
20 Lazarette in der Stadt
Auch auf anderen Gebieten wurden alltägliche Güter in Aschaffenburg bald knapp. Auf Petroleum folgten Metall und im April 1915 Leder, so dass es keine Lederschuhe mehr gab. Den Kindern wurde empfohlen, im Sommer barfuß zu laufen. Der Krieg prägte das gesamte Leben. Verwundete wurden in rund 20 Lazaretten in Aschaffenburg versorgt. Zahlreiche Einwohner Aschaffenburgs verhungerten oder erlagen geschwächt Krankheiten wie der Ende des Krieges grassierenden Spanischen Grippe. An Gefallenen zählte die damals rund 27.000 Einwohner zählende Stadt 729 Soldaten aus Aschaffenburg und 2.702 gefallene Jäger des in Aschaffenburg stationierten 2. Bayerischen Jägerbataillons (vgl. hierzu Aschaffenburger Zeitung vom 2. Juli 1936 und den Aufsatz von Arne Keilmann unter www.architekturgeschichte.de zum Jägerehrenmal im Aschaffenburger Schöntal). Das Jägerbataillon war übrigens an der Westfront im Einsatz, u.a. auch in Ypern. Wie schlimm der 1. Weltkrieg in Miltenberg war berichtet Jakob Josef Schirner, von 1870 bis 1905 Bürgermeister in Miltenberg, in seiner „Kriegs- Chronik“ (zitiert nach Main-Echo vom 19.12.2013). Bald nach Ausbruch des Krieges gab es die ersten toten Miltenberger Soldaten und Schirmer schreibt: „…dieser unselige Krieg“. Und der Schiffer Josef Zeller verlor 1918 den vierten Sohn durch den Krieg. Insgesamt zählt Schirmer am Ende des Krieges 96 Gefallene und 19 Vermisste aus Miltenberg. Auch in Miltenberg gab es im 1. Weltkriegs nichts zu essen. Verwundete wurden auf Lazarettschiffen auf dem Main in die Krankenhäuser transportiert. Und gegen Ende des Krieges hatte man auch in Miltenberg mit der Spanischen Grippe zu kämpfen. Als der 1. Weltkrieg ausbrach, jubelte die Bevölkerung in Deutschland. Beim Beginn des 2.Weltkriegs jubelte niemand mehr. Denn die Menschen kannten den Krieg. (wrü)
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