Das Schloss Erbach im Odenwald: Zurückreichende Ursprünge bis ins Hochmittelalter
Das Schloss Erbach befindet sich im Zentrum der gleichnamigen Stadt im Odenwald und ist seinerseits nach dem Adelsgeschlecht Erbach-Erbach, dessen Wohnsitz das Schloss ist, benannt. Auch wenn die Ursprünge des Schlosses bis ins Hochmittelalter zurückreichen, entstanden die Gebäude in ihrer heutigen Form vor allem im 18. Jahrhundert.
Die ältesten Zeugnisse, die eine Bautätigkeit auf dem Grund des heutigen Schlosses verbürgen, reichen ins 12. Jahrhundert zurück. Bauherr war vermutlich Schenk Eberhard I. von Erbach, der um 1140 auf einer Insel der Mümling von Baumeister Cementarius Wichmann eine erste Wehranlage errichten ließ. Auch die Position der Herren von Erbach als Ministeriale des Königs legt einen Baubeginn im 12. Jahrhundert nahe. Allerdings belegt erst eine Urkunde aus dem Jahr 1303 zum ersten Mal eine runde Burganlage mit Wassergraben und Mauer. Die ursprüngliche Schlossanlage stammt also noch aus der Stauferzeit. Heute sind aus dieser Epoche vor allem der große Bergfried, der wiederum auf das 13. Jahrhundert datiert wird und dessen gotischer Turmhelm jedoch auch erst im 15. Jahrhundert aufgesetzt wurde, und die Grundmauern erhalten. Die Basis dieser alten Wehranlage, welche vermutlich wegen eines Konflikts mit den Vögten von Lorsch oder den Pfalzgrafen bei Rhein gebaut wurde, sind in den Boden gerammte Eichenpfähle – Schätzungen gehen von 8000 bis 20000 aus.
Foto: (C) Barbara Hawlitzki
Anfang des 16. Jahrhunderts wurde damit begonnen, die romanische Kleinburg zu einem Renaissance-Schloss umzubauen und zu erweitern. Kastenbau, Damenbau, Torbogen, Archivbau und Alter Bau stammen aus dieser Zeit. Da viele Bauten der Burg im Dreißigjährigen Krieg beim Angriff der Kroaten auf Erbach am 23. Juni 1623 zerstört wurden, kann man nur noch wenig von ihnen bis heute bewundern. Ein Gemälde aus jener Zeit, das den Angriff der Kroaten abbildet, gibt aber eine ungefähre Vorstellung davon, wie das Schloss Anfang des 17. Jahrhunderts ausgesehen haben muss. Bemerkenswert ist hierbei, dass die innere Schlossanlage weit über die äußere Wehranlage hinausragt und diese das Schloss so gegen Beschüsse überhaupt nicht wirksam abschirmen konnte. Dennoch konnte der Angriff der kroatischen Truppen erfolgreich abgewehrt werden.
Die heutigen Schlossbauten entstanden erst etwa ein Jahrhundert nach dem Angriff der Kroaten, also in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Baubeginn war vermutlich das Jahr 1736. Bauherr war Graf Georg Wilhelm zu Erbach-Erbach. Er ließ auf der Basis der noch erhaltenen Grundmauern der alten Tiefburg eine neue Burg im barocken Stil errichten. Geplant war eine dreiflüglige Anlage nach Vorlage des Saarbrücker Schlosses. Allerdings verfügte das Adelsgeschlecht der Erbacher nicht über die finanziellen Mittel, derer es bedurft hätte, um diese Vision zu verwirklichen. So wurde lediglich der mittlere Teil fertiggestellt. Der bis dahin frei stehende Bergfried wurde nun fest in den Schlossbau integriert. Ferner wurden die noch vorhandenen Wasserläufe zu dieser Zeit zugeschüttet.
Im Jahr 1800 ließ Graf Franz I. zu Erbach-Erbach die Innenräume des Schlosses stark umgestalten, um so seinen darin ausgestellten Sammlungen das passende Ambiente zu bieten. Franz I. legte großen Wert auf seine Antikensammlung, über die er minutiös Buch führte. Die Sammlung ist in ihrer Authentizität hinsichtlich der Art der Ausstellung basierend auf dem damaligen Verständnis für die Ausstellungsobjekte einmalig. Die griechischen und römischen Zimmer beherbergen neben anderen archäologischen Fundstücken originale Büsten bedeutender Männer der Antike, darunter eine von nur drei authentischen, noch erhaltenen Büsten Alexanders des Großen. Im Rittersaal kann man verschiedene mittelalterliche und früh-neuzeitliche Waffen so wie Glasmalereien bewundern. Ferner verfügt das Erbacher Schloss auch über eine umfangreiche Rüstungssammlung. Die Entwicklung der Handfeuerwaffen im Laufe der Geschichte kann man anhand der in der Gewehrkammer ausgestellten Exponate nachverfolgen. 1864 entstand mit der Hirschgalerie ein weiterer Ausstellungs- und Prunksaal. Hier und an dem dazugehörigen Treppenaufgang befindet sich die bedeutendste Sammlung abnormer großer Hirschgeweihe in ganz Europa.
Foto: (C) Barbara Hawlitzki
1894 kam es zu einem Großbrand, der unter anderem Kastenbau und Damenbau zerstörten. Die abgebrannten Teile des Schlosses wurden in den Folgejahren jedoch nur leicht verändert wieder aufgebaut.
Sein heutiges neobarockes Aussehen wurde dem Schloss jedoch erst im Jahre 1902 verliehen. Fensterumrandungen, Schlossportal und der zum Marktplatz hin ausgerichtete Balkon stammen aus dieser letzten Bauphase.
2005 wurden ein Großteil des Schlosses und der darin befindlichen Sammlung vom Land Hessen für 13 Millionen Euro von der Familie Erbach-Erbach erworben, die nun nur noch den obersten Stock als Wohnung nutzt, während der Rest des Schlosses von der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen verwaltet wird. 11 Jahre später wurde die Sammlung des Schlosses um die des ebenfalls vom Land Hessen erworbenen Elfenbeinmuseums ergänzt.
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