Hape Kerkeling - Der Junge muss an die frische Luft
Nach seinem 2006 erschienenen Bestseller „Ich bin dann mal weg.“, in dem er seine sechswöchige Pilgerreise auf dem Jakobsweg beschreibt, gibt es nun ein neues Werk von dem beliebten Entertainer und Komiker Hape Kerkeling. In „Der Junge muss an die frische Luft“ erzählt er diesmal über seine Kindheit im Ruhrpott, die alles andere als immer lustig war. Das 311 Seiten lange Buch beginnt zunächst etwas langatmig, der Besuch im Garten Gethsemane, die Begegnung mit der todkranken neunjährigen Melanie, deren Herzenswunsch es ist einmal Horst Schlämmer zu begegnen und das Zusammentreffen mit dem HIV-infizierten kleinen Luis in Mosambik wirken doch etwas zu pathetisch. Erst am Ende des dritten Kapitels spannt sich der Bogen von der Begegnung mit Luis, der seine Mutter auf äußerst tragische Weise verloren hat zur Kindheitsgeschichte von Hape Kerkeling. Und von da an wird das Buch auch erst richtig interessant und überaus lesenswert. Zunächst beschreibt der 1964 geborene Entertainer seine unbeschwerte Kindheit, die er, als kleines Pummelchen, vor allem im Tante-Emma-Laden seiner Großmutter Änne verbringen darf. Dabei hat er bereits zahlreiche Anregungen für seine Karriere als Komiker bekommen.
„Vorwärts leben wir, und erst rückwärts verstehen wir“ (Kierkegaard)
Nur durch die menschliche Fähigkeit sich besonders an positive Situationen zu erinnern und Negatives auszublenden, können Menschen schwierige Lebensphasen überstehen ohne an ihrer Seele Schaden zu nehmen. So wie der kleine Hans-Peter (Hape), der im Alter von sechs Jahren Zeuge der fortschreitenden psychischen Erkrankung seiner Mutter wurde. Sehr anschaulich beschreibt der Autor wie er als kleiner Knirps versucht seine schwer depressive Mutter mit allerlei Späßen aufzumuntern und ihr wenigstens ein Lachen abzugewinnen. Doch die Katastrophe lässt sich nicht aufhalten.
„You know, the worst thing, that can happen to a child is to loose mother´s love! There´s nothing worse than that!“ (Dalai Lama)
Als Hape acht Jahre alt ist, nimmt sich seine schwer depressive Mutter mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben. Wie er diese für ein noch kleines Kind ausweglose Situation beschreibt, man fühlt als Leser förmlich mit, möchte dem kleinen Jungen helfen, ihn aus seiner Ohnmacht befreien. Sehr anschaulich beschreibt Kerkeling wie er sich, einer Vorahnung folgend an dem besagten Abend neben seine Mutter ins Bett legt, nachdem er ausnahmsweise bis Sendeschluss fernsehen darf. Wie er merkt, dass mit seiner Mama etwas nicht stimmt und er sich nicht traut, Hilfe zu holen. Danach ist nichts mehr wie es war. Doch an diesem tragischen Ereignis zerbricht der kleine Hape nicht, denn er hat das große Glück von seiner wunderbaren Familie aufgefangen zu werden. Seine Großeltern väterlicherseits zögern nicht lange, sondern entscheiden sich noch im Alter von über siebzig Jahren umzuziehen und der Familie beizustehen. Von da an übernimmt die resolute aber herzliche Oma Bertha die Erziehung des kleinen Hans- Peter und seines älteren Bruders. Durch seine Großmutter , die ihm, wie er am Ende des Buches sagt, auf dem Weg zu seiner Showkarriere alle Steine aus dem Weg geräumt hat, ist er das geworden was er heute ist.
Alles in allem ist „der Junge muss an die frische Luft“ ein Buch, das Mut macht, sich auch durch schlimme persönliche Ereignisse nicht aus der Bahn werfen zu lassen, niemals aufzugeben auch wenn es noch so schwer scheint, sein Ziel zu verfolgen, und den Glauben an das Gute und Schöne nicht zu verlieren.
(Christiane Schmidt-Rüppel) // Foto1 Quelle: Piper-Verlag // Foto2: (C) Stephan Pick
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